SGler erkundeten die Heimat

„Drei-Kirchen-Wanderung“ der SG-Gruppe „ Sportliche Freizeitgestaltung“

„Wohlauf die Luft geht frisch und rein, wer lange sitzt muss rosten, den allerschönsten Sonnenschein lässt uns der Himmel kosten“ .Genau dieses, in unserer“ fränkischen Nationalhymne“ so poetisch beschriebene Traumwetter, bescherte Petrus den „Neun Unermüdlichen“, die sich am Dienstag, den 9. Oktober gegen 10 Uhr am Bahnhof Oeslau zu einer Rundwanderung durch die drei Kerngemeinden unserer Stadt einfanden.

„In der Rödentaler Gemarkung mit seinen 16 Ortsteilen treffen wir buchstäblich auf Schritt und Tritt auf Zeugen der Geschichte. Eine Dichte wie wir sie in Deutschland nur selten vorfinden. Wir sind damit in der glücklichen Lage, das Wandern und das Kennenlernen der Geschichte unserer Heimat problemlos miteinander zu verbinden “, so Wanderführer Dietrich Schulz in seinen Begrüßungsworten für eine Wanderung, die zu den drei Kirchen St.Johannis in Oeslau, St. Marien in Einberg und das ehemalige Benediktinerkloster samt der ehemaligen Klosterkirche, heute Christuskirche, in Mönchröden führte. Die drei Gotteshäuser waren über viele Jahrhunderte durch ein gemeinsames Schicksal eng miteinander verbunden.

Die Reformation des Dr. Martin Luther stellte ein einschneidendes Ereignis dar, in dessen Folge der sächsische Landesfürst im Jahr 1525 vom katholischen zum evangelisch-lutherischen Glauben wechselte. „Cuius regio, eius religio“, Der Glaube des Herrschers ist auch der Glaube seiner Untertanen, so lautete die Regel. Somit wurden auch sämtliche Kirchen im Herzogtum Sachsen Coburg ebenfalls evangelisch. Die Klöster wurden „stillgelegt“, so auch das Benediktinerkloster Mönchröden. Die bis dato katholischen Mönche, Priester, Vikare und Kaplane wurden auf ihre Glaubensfestigkeit in der neuen Religion überprüft. Dazu musste jeder vor einer Kommission aus Rittern des heimischen Adels eine Probepredigt halten. Wer den alten Glauben nicht im reformierten Sinne verstanden hatte oder nicht verstehen wollte, musste sich nach einer neuen Tätigkeit umsehen, konnte sich aber auch im Rahmen der restrukturierten Kirchenorganisation auf einem „unverfänglichen, außerseelsorgerischen Aufgabenfeld, einsetzen lassen.

Stoff genug also für eine Wanderung in die Vergangenheit, bei der es viel mehr als die reine Baugeschichte der drei Gotteshäuser zu erzählen gab.

Von Oeslau über Untereinberg nach Einberg

Nach wenigen Schritten stand bereits der erste historische Zwischenstopp vor und in St. Johannis an. Hier wurde nicht nur in die Errichtung des repräsentativen Kirchenbaus durch den Schlossbesitzer Heinz von Rosenau im Jahr 1517 eingeführt. Ausführlich wurde auf die umfangreiche Umgestaltung im Renaissancestil und Nutzung zur Schlosskirche des „Lustschlosses“ Oeslau durch Herzog Johann Casimir und seiner 2. Gemahlin Margarethe 1603/04 eingegangen, deren Wappen über dem Chorbogen zu sehen sind. Das architektonisch seltene Netzzellengewölbe im Chrorraum mit dem lange unter einer achtfachen Kalkschicht verborgenen Herbarium, „Himmelswiese“ genannt, das Grabmal des Ritters Martin von Rosenau sowie die Darstellung des Lebens Jesu auf den Stuckbildern an der Empore, von denen eines die einzige erhaltene Ansicht des Schlosses Oeslau zeigt, waren Gegenstand der Erläuterungen.

Beim Zwischenstopp in Einberg wurde besonders auf die herausgehobene Funktion und wichtige Rolle der Pfarrkirche St. Marien, ein Bau mit gotischer Architektur, als „Mutterkirche“ zahlreicher evangelisch gewordener Kirchgemeinden auf Rödentaler Gemarkung wie Oeslau, Mönchröden, Waldsachsen, Blumenrod, Kipfendorf, Spittelstein und Rothenhof hingewiesen. Selbst eine Filiale der schon aus der Regierungszeit Karls des Großen stammenden Urkirche Fechheim, war Einberg gleichzeitig Schule und Friedhof für die

„unterstellten“ Kirchgemeinden.

Von Einberg nach Mönchröden immer an der Röden entlang

Eine Überraschung erwartete uns in Mönchröden . Pfarrer Stephan ließ es sich nicht nehmen, die Gründungs- Bau- und Wirkungsgeschichte des Klosters und seiner Kirche persönlich zu erläutern und uns auch den Hauptraum des Refektoriums zu zeigen. Das eingangs erwähnte Gremium zur Begutachtung der Kirchen und Pfarrer, unter dem Namen „Visitation“ in die Geschichte eingegangen, hat hier in den Räumen des Klosters unter Leitung des Magisters und Superintendenten Balthasar Düring in den Jahren 1529 und 1535 seine Sitzungen abgehalten und die Weichen für die Zukunft der evangelischen Kirchen unserer Heimat gestellt.  

Die Geschichte ist allgegenwärtig

Entlang der Wanderstrecke informierte Wanderführer Dietrich Schulz immer wieder über sichtbare und auch nicht mehr sichtbare, in ihrer Lage jedoch noch bekannte historische Orte, Gebäude und Fluren. Dazu zählten: Das Schicksal des 1848 durch ein Großfeuer abgebrannten Schlosses von Oeslau, die wieder errichtete Schlossbrauerei, deren Nachfolgerin, die Brauerei Sauerteig, die das Haus des Unternehmer Krech im Volksmund zur Krakenburg verballhornt, die Untereinberger Happachsmühle, die Nebenlinie der Werrabahn Coburg – Sonneberg mit dem Bahnhof Oeslau, der Standort des Einberger Schlosses, die seit 1872 nicht mehr existierenden Weiler Ober- und Unterschafhausen, das Alexanrinental, ehemals die Mühle von Unterschafhausen, Märbelmühle, Blaufarbenfabrik, Porzellanfabrik, Produktion von Filtern für Gasmasken und schließlich für Wandplatten des Annawerks. Erklärt wurde ferner die noch vor Beginn des 1. Weltkriegs in Betrieb genommene Feldbahn und deren Trassenverlauf zu den Ton – und Sandgruben des Annawerks in Kipfendorf, Einberg und Spittelstein. Weitere Erläuterungen gab es zu den, unter der Henneberger Herrschaft eingerichteten Fischteiche im Rödengrund unterhalb des Klosters an der Stelle, wo sich das durch Slawen gegründete Dorf Culmane befand, dessen Einwohner nach Thann umgesiedelt wurden. Erwähnt wurde ferner der von 1578 bis 1863 betriebene Verlauf des Flößgrabens, der bis zum Bau der Werrabahn die Versorgung von Coburg mit Bau- und Brennholz aus dem Thüringer Wald nach Coburg sicherstellte. Der letzte Teil der Wegstrecke war den Hinweisen auf den, von 1805 – 1918 als Herzogliches Jagdrevier bestehenden Wildpark, den ältesten noch vorhandenen Gebäuden des früheren Annawerks und schließlich die Lage des Ziegeleiwerks, das einst die überaus haltbaren blauen Schamotte-Dachziegel mit den typischen Herz- oder Rautensymbolen herstellte sowie dem Standort der Gasanstalt mit dem markanten Gaskessel gewidmet.

Bilanz: Die Besitzer einer Schrittzählerapp haben rund 10 700 Schritt, also rund 8 km Wanderstrecke ermittelt. Der historisch spannende und damit auch für die Kondition nicht unwirksam gebliebene Tag fand seinen harmonischen Abschluss auf der Terrasse des Bistros am Bahnhof, wo wir bei Speis und Trank das überreiche Geschenk unserer Heimatgeschichte noch einmal Revue passieren ließen.

Dank: An dieser Stelle möchte ich es nicht versäumen, Herrn Pfarrer Mahler von St. Johannis, Frau Pfarrerin Rucker von St. Marien und Herrn Pfarrer Stephan von der Christuskirche für die Genehmigung, das Innere ihrer Kirchen besichtigen zu dürfen, ein herzliches Dankeschön sagen.

Dietrich Schulz